Politikimpuls

Energiezukunft sichern – Infrastruktur fit machen

Mit der Konstituierung des neuen Bundes­tags hat eine neue Legislatur­periode begonnen. Es müssen zentrale Weichen für den Wirt­schafts­stand­ort, die Energie­versorgung und die Klima­neutra­lität Deutsch­lands gestellt werden. Die kommenden Jahre entscheiden darüber, ob der Umbau des Energie­systems gelingt, die industrielle Wett­bewerbs­fähigkeit gestärkt wird und die am­bitionier­ten Klima­ziele erreicht werden.

OGE ist überzeugt: Die Energie­infra­struktur muss zum Rück­grat dieser Trans­formation werden. Deutsch­land benötigt leistungs­fähige und resiliente Netze für Methan (CH4), Wasser­stoff (H2) und CO2, um eine sichere, nach­haltige und kosten­effiziente Energie­versorgung zu gewähr­leisten und unsere Unter­nehmen bei der Trans­formation zu unter­stützen. Der politische Handlungs­druck ist hoch: Klare Rahmen­bedingungen, schnelle Genehmigungs­verfahren und investitions­freund­liche Markt­mecha­nismen sind essenziell, um die not­wendigen Infra­strukturen zügig aufzubauen und bes­tehende Assets effizient weiter­zuentwickeln.

In dieser Ausgabe des OGE-Politik­impuls erfahren Sie, welche Weichen­stellungen wir uns in dieser Legislatur­periode in den Bereichen Erdgas, Wasser­stoff und Carbon Management versprechen.

Unsere Position zu CH4

Energie, die ankommt –
jederzeit und überall

Erdgas (Methan (CH4) und Flüssig­erdgas (LNG)) spielen mit einem Verbrauch in Höhe von 790,3 TWh in 2023* weiter­hin eine zentrale Rolle für die Versorgungs­sicherheit Europas und die Wett­bewerbs­fähigkeit des Industrie­stand­orts Deutschland. Die durch den Wegfall Russlands als Haupt­lieferant ent­standene Versorgungs­lücke hat die Not­wendig­keit einer diversi­fizierten und resilienten Energie­infra­struktur deutlich gemacht. Zugleich stellt Erdgas einen un­verzicht­baren Über­gang dar, um die emissions­intensive Kohle kurz­fristig zu ersetzen und die euro­päische Energie­versorgung mittel­fristig klima­freund­licher zu gestalten.

* BNetzA-Monitoringbericht 2024

Moderne Gas­kraft­werke können die mit der Energie­erzeugung ver­bundenen CO2-Emissionen im Vergleich zu Kohle­kraft­werken um bis zu 70 % reduzieren und können lang­fristig auf Wasser­stoff umgestellt werden. Die Energie­versorgung muss dabei den Spagat zwischen Klima­schutz und Versorgungs­sicherheit schaffen. Gas­kraft­werke sind in der Lage, Strom flexibel bereit­zu­stellen und unter­stützen somit die Inte­gration erneuer­barer Energien. Sie tragen dazu bei, die Grund­last zu sichern und die Energie­versorgung stabil zu halten, insbesondere in Zeiten, in denen Sonne und Wind nicht aus­reichend Energie liefern.

Versorgungssicherheit durch Speicher gewährleisten

Speicher spielen eine zentrale Rolle für die Versorgungs­sicherheit und übernehmen dabei eine essenzielle Funktion im Energie­system. Sie ermöglichen es, auch in Zeiten von Spitzen­verbrauch die er­forderliche Leistung zuverlässig in ganz Deutsch­land bereit­zu­stellen. Damit diese Aufgabe erfüllt werden kann, ist es notwendig, über das gesamte Jahr hinweg einen bestimmten Füll­stand der Speicher sicher­zu­stellen. Der Markt ist grund­sätzlich in der Lage, diese Funktion zu übernehmen. Darüber hinaus ist es jedoch sinnvoll, eine strategische Reserve einzuplanen, um einen aus­reichenden Füll­stand auch über längere Zeit­räume hinweg verlässlich abzusichern

Ausbau einer flexiblen Infrastruktur für die Energiewende

Die bestehende Gas­infra­struktur ist ein wichtiger Bestand­teil des Wirtschafts­standorts Deutschland und Europa. Sie ist bereits umfassend ausgebaut, effizient und vergleichs­weise kosten­günstig zu betreiben. Diese Infra­struktur bildet das Rück­grat sowohl für den Einsatz von Bio­methan, synthetischem Methan als auch den künftigen Einsatz von blauem und grünem Wasserstoff.

Die Investitionen in die Strom­netze, die für die kommenden Jahre prognostiziert sind, über­steigen schon jetzt bei weitem alles bisher Vorstellbare und werden auf absehbare Zeit zu einem deutlichen Anstieg der Strom­netz­entgelte führen. Die Nutzung bestehender Assets wie Pipelines und Speicher reduzieren diese Kosten signifikant und erlauben eine schnelle Skalierung klima­freundlicher Technologien. Auch in Zukunft werden wir zwei un­ab­hängige Energie­versorgungs­system auf Basis von Elektronen und Molekülen zur Gewähr­leistung der Energie­versorgung für Industrie, Mobilität und Haushalte benötigen.

Deshalb sind auch für die Erdgas­infra­struktur im Vergleich zu anderen Investitions­möglichkeiten kapital­markt­fähige Investitions­bedingungen unerlässlich.

Das Leitungs­system benötigt weiterhin sichere und verlässliche regulatorische und rechtliche Rahmen­bedingungen für den ziel­gerichteten Auf- und Ausbau von Infra­struktur. Bestehende Assets sollten nicht voreilig dekommissioniert werden.

LNG als diversifizierte
Energiequelle für
eine deutsche
Versorgungsstrategie

Die Einführung von LNG als Schlüssel­komponente des deutschen Gas­marktes war eine strategische Antwort auf die durch Russland ausgelöste Energie­krise. LNG-Importe ermöglichen eine unabhängige und diversifizierte Energie­versorgung, die nicht an Pipe­lines aus einzelnen Staaten gebunden ist. Das Beispiel der Wilhelms­havener Anbindungs­leitung (WAL) zeigt, dass mit ent­sprechender genehmigungs­rechtlicher Geschwindigkeit schnelle Antworten auf Krisen­situationen in der Energie­versorgung möglich sind. Dieses Tempo sollte Vorbild für den weiteren Ausbau der LNG Infra­struktur und die Umstellung auf Treib­hausgas­neutrale Technologien sein.

Die Nutzung von LNG als diversi­fizierte Energieq­uelle und die Sicherung von Importen nach Deutschland sollte für die nächsten Jahre essenzieller Bestand­teil Deutscher Energie­politik und Versorgungs­strategie sein. Neben der LNG Strategie würde eine heimische Wert­schöpfung der Versorgung durch Erdgas für Sicherheit und Preis­günstigkeit sorgen.

Unsere Position zu H2

Wir müssen
einen Gang
zulegen!

Wasserstoff ist zentral für die Dekarbo­ni­sierung von Industrie, Energie­wirtschaft, Wärme und Mobilität. Er ebnet den Weg in eine fossil­freie Zukunft, verbindet Klima­schutz mit der Sicherung des Industrie­standorts Deutschland und erfordert dringend einen be­schleu­nigten Hochlauf. Nach der Bundes­tags­wahl 2025 müssen die Grund­lagen für eine zukunfts­fähige Wasser­stoff­wirtschaft verbessert werden.

Eine markt­basierte Wasser­stoff­wirtschaft ist das Ziel. Dafür braucht es staat­liche Anschub­hilfen, da Klima­schutz und Wohl­stand Gemein­schafts­aufgaben sind. Zentrale Bau­steine sind eine solide Infra­struktur mit Transport- und Verteil­netzen, aus­reichenden Speichern, Import­korridoren und leistungs­fähigen Häfen für den inter­nationalen Handel. Gleich­zeitig müssen Rahmen­bedingungen geschaffen werden, die einen funktio­nierenden Markt fördern. Produzenten und Nutzer von Wasser­stoff müssen wirt­schaft­liche Anreize erhalten, die ihnen den Abschluss von lang­fristigen Abnahme­verträgen ermöglichen.

Infrastruktur ausbauen, Umsetzung beschleunigen

Eine funktionierende Wasser­stoff­infra­struktur ist die Basis für den Hochlauf einer wettbewerbsfähigen Wasserstoffwirtschaft. Wir brauchen nach­haltige Finanzierungs­bedingungen für den Ausbau der not­wendigen Infra­struktur. Hier stehen wir im inter­nationalen Wett­bewerb um Kapital. Für das H2-Kernnetz bedeutet das konkret, dass die Eigen­kapital­verzinsung angehoben und der vorgesehene Selbstbehalt auf das Amorti­sa­tions­konto gesenkt werden muss. Nur so entsteht ein trag­fähiges Risiko-Rendite-Profil.

Darüber hinaus ist die Regulierung von Speichern und Verteil­netzen essen­ziell, um Versorgungs­sicherheit und effiziente Netz­strukturen zu schaffen. Zudem bedarf es einer schnellen und ent­schlossenen Umsetzung des EU-Gas- und Wasser­stoff­pakets in nationales Recht. Die Infra­struktur ist das Rückgrat der Energie­wende – sie darf nicht zum Flaschen­hals werden.

Das Wasser­stoff­beschleu­nigungs­gesetz (WassBG) sollte in der vergangenen Legislatur­periode die Voraus­setzung dafür schaffen, dass der H2-Hochlauf einen Booster erhält. Es muss umgesetzt werden, andernfalls werden Wasser­stoff­vorhaben auf längere Sicht nicht in beschleunigten Verfahren genehmigt und umgesetzt.

Mengenhochlauf verankern, Produktion und Nachfrage ankurbeln

Eine Möglichkeit für den Mengen­hochlauf ist ein staatlich gestützter Inter­mediär (Mid­streamer), der als zentraler Akteur zur Beschaffung der nötigen Wasser­stoff­mengen dient. So entsteht die not­wendige Sicherheit, um Investitionen zu fördern und den Markt­hoch­lauf zu beschleunigen.

Ergänzend dazu sind weitere Anreize auf der Produktions- und Abnahme­seite notwendig. Elektrolyse­kapazitäten, H2-ready-Kraftwerke und die Industrie müssen gezielt gefördert werden, um Wasser­stoff als Energie­träger zu etablieren.

Hier gilt es auch, Vorhaben aus der vergangenen Legislatur­periode schnell umzusetzen. Das Kraft­werks­sicher­heits­gesetz (KWSG) ermöglicht den Kohle­ausstieg, befördert die Transformation in unserer Strom­produktion und unter­stützt gleich­zeitig den Wasser­stoff­hochlauf. Die Förder­richt­linie für system­dienliche Elektro­ly­seure muss am Ziel von 10 GW Elektro­lyse­kapazität bis zum Jahr 2030 aus­gerichtet werden.

Europäische Regeln auf den Hochlauf ausrichten

Entscheidende Grund­lagen für den Hochlauf der Wasser­stoff­wirtschaft werden durch zahlreiche Regulierungen der Europäischen Union festgelegt. Die Bundes­regierung muss sich daher verstärkt auf EU-Ebene für pragmatische Regelungen einsetzen, die es den Markt­teil­nehmern ermöglichen, Investitionen in neue Infra­strukturen schnell und unkompliziert tätigen zu können.

Im Fokus stehen hier die von der EU-Kommission vorgelegten Kriterien für die Produktion und Vermarktung von kohlen­stoff­armem Wasser­stoff. Zudem sollte die Bundes­regierung darauf drängen, dass auch die bereits bestehenden strengen Kriterien für die Produktion von erneuer­barem Wasser­stoff auf Basis der Erneuer­bare-Energien-Richt­linie zeitnah über­arbeitet werden. Sollte der einge­schlagene restriktive Ansatz für die Anerkennung von Wasser­stoff als erneuerbar oder kohlen­stoff­arm in dieser Form fort­geführt werden, ist die zeitnahe Verfüg­bar­keit von aus­reichenden Mengen Wasser­stoffs für die Entwicklung eines liquiden Markts stark gefährdet.

Unsere Position zu CO2

CO2-Infra­struktur:
Zukunft gestalten

In der nun beginnenden Wahl­periode müssen die Weichen für eine nach­haltige Zukunft Deutschlands gestellt werden, um den Wirtschafts- und Industrie­standort zukunfts­fähig aufzu­stellen und die Klima­ziele bis 2045 zu erreichen. Carbon Management (CM) und vor allem eine funktionierende CO2-Transport­struktur zur Ermöglichung von CCU/S-Tech­nologien nehmen eine Schlüssel­rolle ein. CM er­möglicht hierbei die notwendige Trans­formation von Wirtschaft und Industrie, z. B. in der Zement-, Kalk-, Abfall-, Stahl- und Chemieindustrie.

Für die schnelle Umsetzung und den Erfolg von Carbon Management als dritte Säule der Energie­wende – neben erneuer­baren Energien und Wasser­stoff – ist die Schaffung geeigneter rechtlich-regulatorischer sowie investitions­auslösender Rahmen­bedingungen notwendig. Daher kommt es jetzt darauf an, dass folgende rechtlich-regulatorische Anpassungen für den Aufbau der Carbon Management-Value Chain sehr schnell umgesetzt werden, da sonst eine weitere Verzögerung der Projekte droht.

Rechtlichen Rahmen
für den Aufbau einer
CO2-Infrastruktur
sofort ermöglichen!

Die Novelle des Kohlen­stoff­dioxid-Speicherungs­gesetzes schafft die Grund­lage für den CO2-Transport und das ent­sprechende Transport­netz zum Zwecke von CCU/S und leistet somit einen Beitrag zur Erreichung der Net-Zero-Ziele für die Industrie wie beispiels­weise Kalk, Zement, Abfall, Stahl und Chemie. Ohne das Gesetz können Genehmigungs­verfahren für den Aufbau der CO2-Infra­struktur nicht begonnen werden. Das führt zu Verzögerungen in der Projekt­entwicklung und hat direkte Aus­wirkungen auf die Dekarbonisierungs­vorhaben der genannten Industrien.

Der zügige Aufbau der Infra­struktur gelingt nur, wenn das über­ragende öffentliche Interesse im Gesetz inkludiert wird. Andern­falls besteht die Gefahr, dass der Wirtschafts­standort diese Industrie­zweige gegebenen­falls verliert. Insgesamt ist hier Schnelligkeit gefragt – eine deutsch­land­weite CO2-Infra­struktur bis 2040, die eine entscheidende Transit­funktion in Europa einnehmen würde, wird nur unter schnell geschaffenen und optimalen Rahmen­bedingungen möglich sein.

Grenzüberschreitenden
Transport und Speicherung
von CO2 ermöglichen!

Das London-Protokoll sowie das Hohe-See-Einbringungs­gesetz (HSEG) spielen eine entscheidende Rolle für die CO2-Wert­schöpfungs­kette, da es die recht­lichen Rahmen­bedingungen für den grenz­über­schreitenden Transport und die Speicherung von CO2 in der deutschen AWZ festlegt. Ohne die Ratifizierung des London-Protokolls und die Novellierung des HSEG könnten rechtliche Unsicher­heiten und regulatorische Hürden den Fort­schritt und die Investitionen in CO2-Management-Technologien erheblich behindern. Dies würde nicht nur die Erreichung der nationalen und europäischen Klima­ziele gefährden, sondern auch die Wettbewerbs­fähigkeit der deutschen Industrie beeinträchtigen.

Daher ist es von größter Bedeutung, dass das Protokoll und das Gesetz schnellst­möglich ratifiziert bzw. verabschiedet werden, um die notwendigen rechtlichen Grundlagen für eine nach­haltige und zukunfts­fähige CO2-Wert­schöpfungs­kette zu schaffen.

Finanzierungsrahmen
und De-Risking für den
CO2-Infrastrukturaufbau
schaffen

Für den erfolg­reichen Aufbau der Carbon Management-Value Chain, insbesondere der CO2-Transport­infrastruktur, sind passende Investitions­bedingungen und ein De-Risking beim privat­wirt­schaftlichen Aufbau unerlässlich. Der Aufbau einer CO2-Transport­infrastruktur erfordert erhebliche Investitionen ins­besondere in den ersten Jahren, wenn die Infra­struktur noch nicht voll­ständig ausgelastet ist.

Ohne geeignete finanzielle Anreize und Ab­sicherungs­mechanismen könnten potenzielle Investoren durch die hohen Anfangs­kosten und die Unsicher­heiten abge­schreckt werden. Ein verläss­licher Finanzierungs- und Ab­sicherungs­mechanismus ist not­wendig, um Investitions­sicherheit zu gewähr­leisten und den Hoch­lauf der Infra­struktur zu beschleunigen. Dies könnte durch staatliche Förderungen, lang­fristige Verträge oder andere finanzielle Anreize wie z. B. Bürg­schaften oder Garantien erreicht werden, die das Risiko für private Investoren minimieren.

Ein solcher Rahmen würde nicht nur die Attraktivität von Investitionen in die CO2-Transport­infra­struktur erhöhen, sondern auch sicher­stellen, dass die not­wendigen Kapazitäten rechtzeitig zur Verfügung stehen, um die Klima­ziele zu erreichen.

Europäisches Carbon Management als Enabler für ein europa­weites CO2-Netz

In der neuen Legislatur­periode werden auf europäischer Ebene verschiedene Legislativ­vorschläge zum CO2-Management erwartet. Die neue EU-Kommission wird in den ersten 100 Tagen eine Mitteilung zum Clean Industrial Deal veröffentlichen. Darin enthalten sein soll unter anderem ein Vorschlag zum CO2 regulatory package für die Speicherung und den Transport von CO2. Außerdem wird die EU-Kommission Legislativ­vorschläge zur Erreichung des Klima­ziels für 2040 vorlegen. Hier werden konkrete Regelungen erwartet, um die ambitionierten Emissions­reduktions­ziele, inklusive Negativ­emissionen und CO2-Speicherung, zu erreichen.

Aus OGE-Sicht kommt es beim legis­lativen Rahmen darauf an, Regelungen zu entwerfen, die den Aufbau der CO2-Infra­struktur fördern, dem Markt dienlich sind und ein europa­weites Netz ermöglichen. Nur durch ein früh­zeitiges CO2-Management können die Net-Zero-Ziele der Euro­päischen Union erreicht werden.